Wohnen mit Napoleons Familie

Wo man in Paris so landen kann – in einem uralten Haus neben dem Jardin des Plantes nämlich, gebaut vom Urgroßirgendwas der 84jährigen Eigentümerin, deren Urgroßirgendwas die Exfrau von Napoleon war; Ihr Großvater hat mit Madame Curie hier gearbeitet, und irgendwas mit dem Jardin des Plantes zu tun gehabt. Auf die Philipp-Starck-Stühle angesprochen meinte sie, sie hat früher in einem Le-Corbusier-Haus gewohnt, der ein Freund der mütterlichen Familie war; da waren alle ganz auf modernes Design gepolt. Sie war dann recht sauer, in diese alte Bude ziehen zu müssen, die von der väterlichen Seite kam (der Stammbaum ist vielleicht nicht ganz korrekt wiedergegeben, mein Erinnerungsvermögen hat nicht alle Details verkraftet). Sie hat dann noch weiter erzählt, dass sie als Kind fast das kleine Dubuffet-Bild (auch ein Freund… etc.) übermalt hätte, das im Wohnzimmer hing; und dass sie immer so gelacht hat, weil ihre Urgroßirgendwasdings im Louvre auf dem Bild neben Napoleon so verkniffen dreinschaut, weniger weil sie eine Krätzn war, sondern weil sie so schlechte Zähne gehabt hat.

Und so Sachen halt.

Leider kann das Zimmer nicht mit der großen Vergangenheit mithalten, aber immerhin kann ich mir vom Klo aus Kaffee kochen. Es liegt im ersten Stock, und der geschickte Architekt hat es hinbekommen, es wie ein Kellerstüberl wirken zu lassen. Aber es hat sogar zwei Fenster! Das Raumprogramm (Dusche, WC, Kühlschrank, Waschbecken, Microwelle, Schrank, Klo, Bett, Tisch, Sessel) ist für fast fünf Quadratmeter durchaus ambitioniert, aber Alexandre-Theodore Brogniart (er hat auch die Pariser Börse und den Friedhof Pere-Lachaise gebaut) ist nicht zu Unrecht berühmt geworden. Die Grüfte in Pere-Lachaise wirken allerdings geräumiger als mein Zimmer. Die Familie meiner Gastgeberin ist übrigens auch dort aufbewahrt, und jedes Jahr werden die Gräber der Altvorderen von der Stadt Paris üppig mit Blumen geschmückt. Nicht aber die der Altvorderinnen, was meine Gastgeberin so erzürnt hat, dass die der Frau Hidalgo einen Brief geschrieben hat, weil so gehts ja wirklich nicht, n’est-ce pas?!

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