Budapest, Gresham Palace um 1990: ein Haus am Ende aller Zeit. Die Fassade ragt unvermittelt in die Höhe wie eine brüchige Felswand, in deren Klüften sogar die Zeit zerschellt. Am Hauptkamm des Gebirges sitzen Türme wie Burgen, die das Geheimnis von Verfall und Beharrung bewachen. Wie ein böses Maul wartet der Torbogen auf mutige Besucher – von innen offenbart das Eisengitter aber wunderschön-romantische, schmiedeeiserne Pfauen. Die Wände der geheimnisvollen Passage dahinter sind schwarz vom Staub vergangener Jahrzehnte, unsichtbare Maschinen dröhnen aus versteckten Höfen, Kellern, Schächten. Mit Herzklopfen betritt man die engen Stiegenhäuser; Verrottung und Verfall, kahle Glühbirnen. Eine Tür führt in einen Hof, und wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt glüht plötzlich das farbenprächtige Fensterband über alle Stockwerke. Prachtvollste Glasarbeiten sind dem Verfall entgangen, vollkommen deplatziert beleuchten die Kristalle und farbigen Bleigläser Mülltonnen und Schutt…
Was damals nicht denkbar war und nur knapp gelungen ist: Die Rettung des Palastes. Heute ist er so elegant wie zur Zeit seiner Errichtung, und wer ihn bewohnen will, muss erneut tief in die Tasche greifen: The Gresham Palace wurde zum Luxushotel – und zu einem Wahrzeichen der Stadt an prominenter Lage am Ufer der Donau.
„Jugendstil in Budapest“ ist ein Buch, das ich 2023/2024 fotografiert haben – 30 Jahre, nachdem ich das Thema zum ersten Mal bearbeitet habe: