Die Haut von Venedig

Venedig wirkt auf mich trotz seiner allseits bejubelten, leicht fasslichen Schönheit eigenartig langweilig. Vielleicht, weil einer Stadt ohne Keller das Fundament aus dunklen Geheimnissen fehlt, auf das Wien oder Paris so solide gebaut sind; vielleicht auch, weil die Geschichten aus dem echten, lebendigen Venedig jahrhundertelang herausgebleicht wurden von der Lauge aus neugierigen Besuchern, die elegisch über die verfallende Pracht schwappt.

Für mich wirken die Gasserln wie ständig neu angeordnete Versatzstücke des immer Selben, wie im Buch „Die Mauern von Samaris“ von Schuiten/Peeters. Einerlei – es ist natürlich leicht, tolle Fotos zu schießen, schon ein durchschnittlich begabter Fotograf kann wenig falsch machen. Ich denke an meine allerersten Versuche, Kunst zu machen, „Die Mystik der Oberfläche“ nannte ich die damalige Serie von Zeichnungen. Tatsächlich bedeckt die faltige Haut von Venedig die verschütteten Erinnerungen, die vielleicht doch noch irgendwo zwischen den Ziegeln hängen geblieben sind.

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