Berlin also. Lang hab ich mich gedrückt, ich wollt’ ja nie so richtig hin, weil ich mich geärgert habe, diese seltsame, im Meer der Finsternis schwimmende Insel nicht rechtzeitig vor dem Mauerfall angesteuert zu haben.
Aber jetzt: Endlich da.
Und ich war nicht vorbereitet auf die Wucht, mit der die Stadt mit Geschichte aufgeladen ist. Am 9. November 1989 saß ich vor meinen kleinen Schwarzweissfernseher, mit offenem Mund und feuchten Augen. Und heute reichen allein die Namen, um mich zutiefst zu erschüttern: Von Wannsee nach Spandau sind es nur paar S-Bahn-Stationen, das Olympiastadion dazwischen. Brandenburger Tor, Reichstag, Friedrichstraße, Bornholmer Brücke, Bahnhof Zoo ohne Kinder vom, Unter den Linden, Berlin Alexanderplatz. Und da, wo einfach ein paar Pflastersteine den früheren Verlauf der Mauer andeuten, hab ich noch die Stimme einer Frau im Ohr, die etwas zu spät dran war: “Ick will doch nur eenmal im Leben durchs Brandenburger Tor gehn, nich’ mehr!” – und der plötzlich weichgewordene Stasi-Offizier geht mit ihr nach dem Ende der Mauerparty tatsächlich von Osten her durch die Sprrerrzone, das seltsame Paar ist als Schattenriss einsam zwischen den Säulen zu sehen.
Damals hat mein Europa begonnen, und die Liebe hat seither nie mehr nachgelassen.